Unterwerfung

Rück-Blick (Absol I)

Du stehst mit dem Kopf zur Wand in seinem Büro. Breitbeinig. Gebückt. Strumpfhose und Unterwäsche liegen abgestreift zu deinen Füßen. Mit den Armen stützt du dich an der Wand ab. Deine Beine zittern. Scham.
Draußen Dunkelheit. Die Schreibtisch-Leuchte wirft ihre Schatten durch den Raum und zeichnet deine Silhouette nach. Du denkst, dass jemand, der jetzt draußen durch den Neuschnee den Gehweg entlang läuft – und dann nach oben zu dem beleuchteten Fenster blickt – dass dieser jemand dich sehen kann. Wie im Scheinwerfer-Licht sehen kann.
Präsentieren, Produzieren…
Er raucht. Du spürst seinen Blick an dir auf und ab wandern. Auf und ab. Objekt. Dein Herz schlägt schnell. Du zeigst. Du gibst. Du willst… was?
Willen-los. Willen los. Will…
Du hörst, wie er aufsteht und sich nähert. Eine Hand fasst nach deinem Haarschopf und zwingt dich in die Gerade.
Frei-willig, denkst du. Frei willig. Frei-wild…
Du spürst seinen Atem im Nacken. Am Hals, wo sich die Härchen aufrichten. Spürst seine Lippen wandern, Härchen streifend über Hals und Haut und Schulter, Beuge küssend bis zum Ohr, Härchen küssend immer weiter wandernd, schließlich weich an deinem Ohr streichend inne halten, flüsternd Härchen teilen, stummen und verweilen.
Ich will dein Hirn ficken“, flüstert Absolem.



Frühling, Sommer, Herbst. Keinen Euro in der Tasche / Keinen Tropfen in der Flasche / Miese Laune, müde Füße / schlechtes Wetter, schöne Grüße.

Ein neuer Winter. Neues Leben. Oder? „Ich will deinen Geist ficken“, schreibt Herr O. Du blickst auf. Déjà-vu: Wenn der Kopf stolpert, aber das Herz hinfällt. Vor dir ein Riss in der Wand. Gut für das Auge, zum Festhalten. Gibt’s einen Knigge für sowas?, fragst du die Wand. (‚Dirty-talk für Dominante’… ‚Befehle der Lust’… ‚Fick-Floskeln von A bis Z’…?)
Du schaltest das Handy aus. Die Erinnerung kommt trotzdem.



Rück-Blick (Absol II)

Initiation. Ich presse den Hörer an mein Ohr. Meine Nägel sind längst abgekaut. Ich versuche es trotzdem weiter. Kauen und Lauschen. Anweisungen. Schließlich Stille.
„Wiederhol‘ es“, sagt die Stimme. Ich zähle auf. Ein Laken… Zwei Paar Seidenstrümpfe… Ein schwarzes Tuch… Eine Kerze… Zwei Wäscheklammern.
„Gut“, sagt Absolem. Pause. „Und, was glaubst du?“
Ich entspanne mich. „Mal überlegen… Mondschein-Picknick?“ Gespielte Nonchalance. Ich fühle, wie er lächelt.
„Genau. Sieh zu, dass du nichts vergisst.“

Industriegebiet. Der Stadtteil fremd. Container, Parkende LKWs, ein Supermarkt. Niedrige Häuser grau in grau. Am Ende der Straße ein Zaun. Dahinter nur Baustelle.
Ich durchquere einen Vorgarten und steige ein paar Stufen hinauf. Oben vier Klingelschilder. Vier Namen. Lydia, Coco, Yasmin.. und das Serail. Fragend drehe ich mich um. Absolem nickt mir zu und deutet auf das letzte Schild. Ich drücke auf den Knopf. „Es gibt keine Laken“, sagt Absolem noch.
Laken-los. Lieb-los. Lieb‘ los.

Als er mir die Tür aufhält, trete ich ein.