Vampire

Der Spieler beißt. Arbeitet sich Rücken beißend Rücken entlang, meinen, Stück für Stück. Über Schultern beißend Nacken hinauf und wieder hinunter. Ich, bearbeitbar. Mich-Gravur. Spielerzähne klein und scharf.

Ich hab mich gesehnt danach mein Herz zu verlieren / Jetzt verlier ich fast den Verstand / Totale Finsternis, ein Meer von Gefühl und kein Land …

Ein Ziehen im Bauch. Schon wieder? „Ein Zyklus wie ein Kaninchen“, scherzt S. „Wusstest du, dass Kaninchen einen spontanen Eisprung haben?“ Nur eine Phase, denke ich. Körper durch. Körper durch-einander. „Haben wir noch Wein da?“ frage ich.

Vollmond. Wieder Albträume. Schwarze Hunde stürmen mit gefletschten Zähnen auf dich zu. Du duckst dich, boxt sie in die Seite. Sie stürzen in einen Abgrund hinter dir. Ihre Körper geben ein befriedigendes Knacken von sich, wenn sie brechen.

Auch Feh unruhig im Schlaf. Zwei Wände und Türen zwischen uns, aber jede die andere nah gefühlt, herbeigefühlt. Wacht eine auf, wacht andere auf. Ängste, Träume, Erinnerungen. Gedankenkarussell. Mond nimmt ab und noch nicht zu.

Nervös renne ich ins Bad. Noch immer nichts. Fall, fällig, über… überfällen, über-falls… „Mr. Burrito?“ fragt Feh. Ich nicke. „Keine Sorge“, sagt S. „Das Kind bekommen wir schon groß.“

Ich blicke über meine Schulter und betrachte mich im Spiegel. Bissspuren ziehen sich über den Rücken. Spiegel-Rücken. Blau und rot und bläulich-rötig, bissig blaugerötlicht abgedruckt, aufgedruckt, druckrotviolett. Blauschmuck. Und wieder folgt Wund, Wunde, Wunder, folge ich der Spur mit Fingern. Berühre Wundhaut wie zum Test. Fühltest. Vampirtest. Vampir in mir.

Einmal, dachte ich, bricht Liebe den Bann / Jetzt zerbricht sie gleich meine Welt / Totale Finsternis, wir fallen und nichts was uns hält …

Abends stoße ich im Bett auf etwas Kantiges. Ich schlage die Decke zurück. Darunter eine Schachtel. Zwei Streifen: Ja. Ein Streifen: Nein. Dann entdecke ich auch Faschingströte und Taschentuchbox. „Zum Feiern oder Weinen“, sagt Feh. „Je nach Ergebnis.“ Ich gebe ihr einen Kuss. „Ich lieb dich sehr“, sage ich. „Weißt du das?“

Bisse verblassen. Blassbisse. Blasshaut. „Mehr“, bitte ich. Der Spieler nickt. Alice, geprägt. Prägt, prangt, Pranger.

Totale Finsternis, ein Meer von Gefühl und kein Land / Totale Finsternis, ich glaub ich verlier den Verstand.

Ich sehe rot. Endlich. „Na also“, sagt Feh. „Schade“, bemerkt S enttäuscht. Ach S. Das Leben, leicht.



Flashback

Sein Gesicht. In Trümmern. Ein Gefühl von Liebe überkommt dich. Strömt aus deinem Innern auf ihn, über ihn, du möchtest darin baden ihn zu lieben, möchtest ihn trösten, in Armen tröstend halten und beruhigend Worte murmeln. Liebes-fähig. Sieh nur, ich bin. Er zuckt zurück wie weidwund, wie weidwund verletztes Tier. Und du driftest erneut vom Ich in das Du, trittst neben deinen Körper und überlässt ihn seinem Schicksal. Niemand kann dich greifen, niemand dich brechen. Kein Herzblut, kein Herzbluten. Stattdessen Blutergüsse. Überlebensstrategie. Nur nicht zur Ruhe kommen.